Der erste Bus mit neun Sannayasins ist nun hier in der Uni Poona angekommen. Wir sind freiwillige Darsteller für zwei, drei Tage in einem Film über den Unberührbaren B.R. Ambedkar. Die historische Handlung spielt um 1929. Der Mann hatte eine beste englische Universitätsausbildung und schrieb für die indische Unabhängigkeit mit an der Verfassung.
Wir schwitzen jetzt als englische Politiker im Sitzungssaal. Die Mittagshitze greift uns um 12.30 Uhr schon an. Eine Flasche Wasser, Marke Bisleri, ein Becher Tee lohnten bisher die Mühen. Die Erfahrung ist immer die Gleiche, ob Gruppe, Job oder Meditation: Du erfährst Dich selber.
Vor jeder Kamerafahrt schwenkt ein flinker Inder ein Weihrauchbecken. Sie haben genug Zeit und genügend Mitarbeiter, um beliebige Träume zu filmen. Sie stellen den geschichtlichen Hintergrund an Hand von Originalfotos nach. Selbst Bänke und Stühle stellen sie Zentimeter genau nach Vorlagen alter Originalfotos auf, die in schmutziggrauen Kopien vorliegen.
Andreas, noch kein Swami, hält den Weihrauch für verbrennendes Celluloid. Er kenne es von seiner Kindheit, als er Tischtennisbälle verbrannte. Jetzt, um 21.12 Uhr drückt die lange Veranstaltung: Kopfweh.
Der aufgeblasene Hauptdarsteller Mahmuti übt wieder seine Revoluzzer-Rolle. Künstlich macht eine Zahnspange den Drei-Zentner-Jüngling alt, derzeit wohl noch Schwarm indischer Teenies. "Sei Dein eigener Star", mault Dein kleines, unzufriedenes Ego.
Der indische Schauspiel-Professor Sardish erzählt vom unglaublichen Stadt- und Slum-Wachstum in den letzten 40 Jahren. Zwei Millionen sollen nun schon Poona bevölkern, 10 Millionen Bombay. Das Auto klagt er, brauchte letztlich schon 8 Stunden für die kurze Strecke Bombay-Poona. Stau gibt es also auch dort.
Für die Film-Beleuchtung der eigene Stromerzeuger voll mit indischer Technik
Am Sonntag, dem 4. Advent lief mal wieder nicht das Wasser. Doch ich kannst mich im Ashram rasieren und "entsorgen". Das während der Filmveranstaltung machen zu müssen, käme einem Horrortrip gleich. Das sanitäre Chaos übertrifft noch das der Filmproduktion. Chaoten finden Chaos. Doch dies panische Denken verliert der Reisende später. Das Wort "Chaos" will ich mir nicht wieder anmaßen, um den kreativen Schaffenprozeß genialer Filmproduzenten abzuwerten.
Anderntags war die Abfahrt vom Ashram auf 8.00 Uhr angesetzt, aber es wird wohl 8.30 Uhr, bis wir fahren. Die Gruppe "Film" macht mehr und mehr Spaß. Das Theater der Menschen ist Zen-Spaß. Deva Pujan, der riesige Architekt, ist 60 Jahre jung, lebt das halbe Jahr in Poona und segelte schon dreimal allein über den Atlantik in seinem 30.000 Dollar-Boot. Das ist schon 15 Jahre alt und verliert bei einer Atlantik-Fahrt kaum an Wert.
Mit GPS (Global Position System) über den Atlantik, mit Solarzellen für die Akkus und mit Alarmmeldern für nachts sich nähernde Schiffe segelst Du gleichsam, wie Du mit der S-Bahn zum Airport rappelst. GPS zeigt Dir selbst bei Nacht und Nebel über Satelliten genau an, wo Du rumschiffst. Theorie.
Der Kartengruß an meinen unvergleichlichen, Aachener Gossenhauer-Interpreten Haha orakelt:
"Die Preise sind noch stärker als das Durchschnittsalter hier gestiegen."
In Indien als reicher Tourist kannst Du Deinen Wahn ausleben, weil sich niemand dran stört:
"Ich werde die Menschen noch an mich anpassen."