Die rotgekleidete Ashram-Welt hat so gut wie nichts mit der indischen oder sonst einer Arbeitswelt zu tun. Die Probleme und Reden der Besucher entstammen zumeist der inneren Welt. Wer hat Zeit und Lust, sich damit zu beschäftigen?
Zumeist ist es ohnehin nicht lustig, eher quälend. Die Dame vom Chiemsee, Bruna oder auch Ma Jiva Prahlanda, gab wieder ein eindrucksvolles Beispiel davon.
Würdest Du in allen "Buddhas auf dem Weg zur Vervollkommnung" erkennen, wärst Du vollkommen. Solange Dir die Geschichte ihres Leidens Dein eigenes erinnert, bist Du mit auf dem Weg.
Satt zu sein und dennoch Leid zu tragen, ist purer Luxus. Schon der Suche nach "Entspannung" muss eine unerträgliche Anspannung voraus gehen. Die meisten lachen Dich doch aus:
"Entspannen? Trink 'ne Flasche Bier!"
Wer schon zuviel getrunken hat, kann im Ashram an die Pforten klopfen. Vielleicht trifft man sich auch auf dem Dach bei Tyohar oder ganz woanders. E spielt ohnehin kein Rolle, wo Du die Suche beginnst. Es reicht, dass Du beginnst.
Tyohar begann seinen Satsang, indem er Ma Pujans Brief vorlas:
"Ich fühle mich meinem Freund in San Fransisco verbunden. Die vielfältigen sexuellen Angebote hier verwirren mich. Mein Körper ist mein Tempel, kein Welcome-Center! Bin ich eine dieser Sex unterdrückten Persönlichkeiten oder ist mir einfach meine Beziehung wichtiger?"
Das Dach war mit 200 Menschen gerammelt voll. Zum ersten Mal hatten Sie das Mikrofon auch für Fragende aufgebaut:
"Tyohar, aus Deinen Worten klingt soviel Liebe für Osho, wie sie die Meisten hier haben. Warum versuchst Du nicht im Ashram Deinen Satsang anzubieten. Warum spaltest Du die Energie in zwei verschiedene Orte?"
Er ging auf den Bief von Ma Puja ein, um das Drittel neuer Besucher anzusprechen:
"Ich bin hier kein Welcome-Center, was Neuankömmlingen gefällig zu sein hat. Dinge können hier falsch laufen, dann heißt es 'phfff'. Jeder Neuankömmling senkt wieder die Energie. Und es beleidigt das Ego der Suchenden, dass 1,7 Kilometer vom Ashram ein Erleuchteter spricht. Viele die hier sind, kommen aus falschen Gründen.
Ich zerteile die Energie vom Ashram nicht, ich verbreitere sie. Der Ashram macht seine Arbeit großartig. Doch irgendwann muss auch einmal die Bindung an einen Meister enden. Der Schüler muss selber fliegen.
Der Osho-Baum hat sich soweit und prächtig entfaltet, dass dort im Ashram kein Platz für einen weiteren bleibt. Neue Zweige sollen und werden sich woanders entfalten."
Die Redezeit in seinem Satsang dürfte etwa 50 bis 100 Seiten füllen. Neben dem Inhalt geht es um die Wahrheit hinter dem Sprecher.
Husten und Rasierwasser würden Dir die WRB verwehren. Tyohar ist nicht allergisch, wer eigentlich im Ashram?
Tyohar werde seine Dienste bestimmt nicht dem Ashram anbieten, und der wolle sie wohl auch nicht.
Sein Plan ist eine Commune in Israel, wobei Reisen nach Europa aber auch Aufenthalte in seinem Haus in Nepal ihn für andere leicht erreichbar lassen soll. Für Dezember '97 plant er wohl auch wieder Poona Hausdach-Satsang.
Die Organisation übernimmt Christine, eine fähige, ältere Deutsche. Mit Sicherheit wird das Hausdach nächsten Dezember nicht mehr für alle Besucher reichen.
Im Silent-Darshan auf seinem Hausdach Donnerstag und Samstag morgens um 10.00 Uhr sind nicht viele Schüler. Ein Morgen mit Vogelgezwitscher, Straßen- und Arbeitslärm teilt sich Deine Aufmerksamkeit mit Deinem inneren Gedanken-Kino. Der scheue, lächelnde junge Mann zieht Dich in seinen Bann. Er öffnet eine Schleuse zu Deinem stillen, inneren, unvergänglichen Glück.
Mag das Erlebnis nicht an das im Samadhi oder im Schwimming-Pool heranreichen, es läßt die Saiten Deiner Glücksharfe klingen, sofern Du sie etwas dafür spannst, darauf Dich einstimmst. Außerdem kostet es nicht mehr als Deine Zeit.
Die WRB soll mit den Berichten vom "letzten Testament" lustig gewesen sein. Du kannst nicht beides haben, weil Tyohar und WRB gleichzeitig um 19.00 Uhr bginnen.
Gestärkt von der Stunde mit Tyohar kann ich ja das Mittagessen in dem roten Restaurant, der "Ashram-Kantine", wagen. Swami Alok setzt sich zu mir, eine grauhaarige Ma kommt hinzu und gleich sind wir wieder bei den alten Ranch-Zeiten. Swami Alok verdient Vertrauen.
Die Ma hat bis zu Dezember '85 ausgehalten, fast bis zum Ende. Als gute Einführungsfrage hat sich für Hardcore-Sannyasins Swami Chaitanyas Satz bewährt: "Und Du wurdest nicht vergiftet?" Erzählst ich meine Geschichte der abgenommenen Mala, bekomme ich bald schon wieder den üblichen Streit. Doch Swami Alok befiehlt barsch: "Lass ihn erzählen!" "So, Du warst negativ drauf, hast negative Briefe geschrieben?"
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Swami Chaitanya im Poona Film Projekt |
Solange wir noch glücklich sitzen lernen müssen, sollten wir schweigen!
Internationaler Waffenhandel (Lucknow 1993) |
Ein "Penguin" aus Australien steuert noch recht dreist seine Ansicht bei: "Gut, dass ich mit meinem großen Maul Tausende von Meilen zu der Zeit entfernt war." Die damals mit Valium gedopte orthodoxe Ma schwärmt weiter von vergangenen Zeiten: "Überhaupt ist niemand bei all dem Theater umgekommen. Sie sind doch liebevoll umgegangen mit uns - trotz allem." Da widerspricht der erste chinesische
Alt-Sannyasin Swami Alok energisch: "Doch es gab einen Toten. Einer der Obdachlosen ist beim Abtransport erfroren. Sie hatten irgendwo Pause in den Bergen zum Pinkeln gemacht und ihn mitzunehmen vergessen." Die nächste Frage an Tyohar muss dann etwa lauten:
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"Tyohar, Du willst die Energie also nicht spalten, sondern verbreitern. Doch diese wichtigen Lecture-Reihe derzeit 'Last Testament' können wir nicht gleichzeitig mit Deinem Satsang verfolgen.
Weil manche das gnadenlose, kalte Warenhaus für spirituelles Wachstum allerdings nur ertragen, wenn sie sich an der Kerze Deines Lichtes wärmen, müssen diese das große Licht Bhagwan versäumen.
Warum verlegst Du Deinen Satsang nicht auf 10.00 Uhr oder 15.00 Uhr, damit Durstige nach Wahrheit von beiden Quellen trinken können, WRB UND Tyohar Satsang?"
Es bleiben drei WRB, wenn Tyohar vier Abende belegt. Was Bhagwan abends in seinen Last Testament-Interviews spricht, ist Geschichte. Das sind Geschichten. Die Ansammlung von Lobhudeleien über die gewaltfreie, friedliche Ranch und das furchtbare Establishment in Oregon, die "Oregoniens", das ist ein einziges Schönreden, ein von der Zeit überholtes Gesülze.
Dazu mindestens halbstundenlang die tanzenden RollsRoye Jubelfahrten klatschend zu bewundern, ist peinlich.
Orthodoxe Sannnyasins mögen ihren Schmalz draus ziehen, andern langt's. Sie finden sich auf dem Tyohar - Dach oder sonst wo wieder.
Nur, was soll überhaupt die ganze Idee von "Surrender", wenn eine ganze Episode als versponnene Luftblase platzt?
Tyohars Antwort war wieder so einfach:
"Ihr sollt keine Bindung an die WRB aufbauen."
16. Das Elend mit den Erleuchteten