Spiritueller Zeitvertreib kostet bei Tyohar noch nichts. Eine Katze sitzt auf seinem Schoß, später auf Deinem.
Die blonde
Bekannte von der Ranch beginnt den Fragezirkus.
"Ich bin seit 18 Jahren Sannyasin. Seit zwei Jahren kämpfe ich mit dem Ashram. Mein
Misstrauen zum Ashram vergrößert sich noch weiter, wenn ich Retreat mit Dir mache. Auf der Ranch hatte ich auch schon soviel Schwierigkeiten. Warum soll ich jetzt Dir vertrauen?"
Tyohar nutzt jede Antwort zur Eigenwerbung. Entweder hälst Du das Gesülze nicht mehr aus oder beginnst, ihn anzubeten.
Der Erleuchtete setzt sich mit der Existenz gleich. Wer sich selbst vertraut, traut sich der Existenz, seinem Meister an. Die Existenz wirkt durch ihn, den Erleuchteten im Korbsessel:
"Ich fange meine Arbeit an, wo der Ashram mit seiner endet. Es ist ein gutes Zeichen, wenn Sannyasins über den Ashram hinaus wachsen."
Diese Gedanken helfen, zu entspannen. Viel müsstest Du schmerzlich vermissen, wenn der Ashram Dir die Pforten weist: WRB, Bashos Pond, gesunde, preiswerte Speisen, Ruhe, Gesellschaft, vieles mehr.
Wofür lohnt es sich, seine Wahrheit zu verraten? Müsste da nicht mindestens ein lukrativer Posten im Ashram rausspringen, wie zum Beispiel Swami Chaitanyas als Chef von 70 Indern? Dafür schafft er es nicht mehr auf das beleuchtete Dach. Seine Leberzellen zahlen mit Schnapsabbau. Doch das geht ja einem Arbeitnehmer sonst wo auf der Welt auch nicht besser. Und wo soll ein 40jähriger Engländer, ausgedienter Zeitsoldat, noch einen Job im Westen finden?
Besser als Ma Anand Sheelas Job als Managerin im Schweizer Altersheim war ihr Job als Bhagwans rechte Hand. Ihren blauen Daimler Turbo Diesel 350 S aus Rajneeshpuram könntest Du in Good Old Germany preiswert chauffieren.
In den Staaten macht ein Dieselmotor wenig Sinn. Energiepolitik a la USA schmeißt Dir Sprit Gallonenweise nach. Die Diesel-Investition kannst Du nicht rausfahren. Aber Diesel brummt besser.
Der Satsang mit Tyohar entspannt also. Das heißt, dass er mich befähigt, auf WRB, Salate und Schwimming-Pool zu verzichten. Mehr noch: Schmeißt mich Tyohar nun auch noch wegen Störung des Geschäftsfriedens raus, dann verzichte auch auf ihn.
Einen guten Anfang in die Richtung habe ich schon damit gemacht, dass ich mir drei Blitzlichtfotos von ihm erlaubte. Und das, obwohl die Tyohar-Foundation Fotos und Kassetten vom Nachwuchs-Meister anbietet. Und das, obwohl seine huldvollen Gesten mir abzuwinken trachteten - vergeblich allerdings.
Das Retreat startet nun also am 27. Januar für nur 9000 Rupees, 5000 für Kost und Unterkunft, 4000 für die Tyohar-Foundation, 1000 Anzahlung. Swami Deva Shivaprasad hat schon angezahlt, Glückwünsch. Das Retreat beginnt mit 10 Tagen Silence. Es ist doch preisgünstig für etwa 20 Mark pro Tag mit einem erleuchteten Jung-Meister zu schweigen. Göttliches Geschäft!
Das Dumme daran ist, dass Du selbst noch nicht eingestiegen bist. Mindestens müsstest Du erstmals Deinen Verstand verstehen, bevor Du andern Verständnis verkaufst.
Die gottgleichen Erleuchteten üben sich in Selbstliebe, wozu eine Foundation denkbar hilfreich erscheint. Mach Deinen Geldbeutel auf, liebe Deinen Meister!
Doch diese Investition bleibt immer noch empfehlenswerter als jede andere. Denn eins bleibt sicher: Dein Tod. Nur Meister verkaufen Dir dazu etwas, was mitzunehmen sie vormachen: Samadhi. Indem sich jemand glücklich von seinem Körper zu verabschieden versteht, beweist er seine Meisterschaft. Bleibt nur die Frage, ob Du das erlebst.
Bhagwan
hat das, nach seines Leibarztes Swami Amritos glaubhafter Schilderung so gelebt: sein Sterben. Deshalb allerdings im klimatisierten Samadhi-Raum in güldenen Lettern in Marmor einzulassen
"never died" ist Marketing-Gag wie 90 RollsRoyce. Wenn der Satz stimmt, warum sollen dann andere nicht von den Toten auferstehen? Tyohar mosert:
"Der Stuhl in der Buddha-Halle ist leer."
Durch solche Sätze reift selbst in
mir, trotz 16jähriger Sannyas-Konditionierung, die recht simple Erkenntnis:
Bhagwan ist tot.
Im Gegensatz zu Gott habe ich ihn aber noch lebend gesehen.
Tyohar lästert weiter:
"Egal, ob Du ein Politiker- oder ein Sannyas-Ego entwickelt hast, hier geht es darum, das Ego zu verlieren."
Als einsamer Wanderer genieße ich das Buddha-Feld: So versuchst
ich, das kleine Japan-Mädchen Fulwarei nochmal, zu Tyohar einzuladen. Es ist liebreizend verstört:
"I don't want!" |
Ma Jivan Fulwarei erhält ein kleines Geschenk bei mir. |
Meine Misere ist, dass ich immer noch nicht in das Geschäft eingestiegen bist, dass immer noch keine Foundation für meine Selbstliebe sammelt. Meine Sorge, dass ich immer noch in den Lehrjahren weile. Meister, tröste mich! So lerne ich, auch mit diesem Unglück vergleichsweise bescheiden fröhlich zu hantieren, wie die junge Dame an der Meera-Bar mit Gläsern.
Abinash und n0by mit zwei Kellner bei Prems |
Swami Prem Abinashi, der blonde Holländer mit Hanf-Anbau, ist aus Goa zurück. Es sei alles so leicht dort. Der Joint kreist und im Nu trinkst Du abends fünf, sechs, sieben Bier. Froh wieder hier zu sein, erzählt er von der WRB. Bhagwan wettert gegen die Verbrecher der Macht und Manipulation. Gut! Das verschafft
mir freiere Luft im Ashram. Sie ist zu ihrer Namen Esther zurückgekehrt, aber ich kann sie ruhig weiter Shanti nennen, wenn es mich freut. Ihr ist es gleichgültig. Ob sie allerdings noch mal in den Ashram zurück fährt, ist eher zweifelhaft. Heidnischer Vater, heidnisches Kind. Was ist auch zu machen, wenn jemand des Ungläubigen Thomas' Namen trägt? Überhaupt ist nie und an nichts etwas zu machen. Lass Dich wie Du bist, nur sei mit Dir glücklich! Wenn Du deutsch, blond und Dein Vater beinah General im zweiten Weltkrieg war, was willst Du da machen? Ich solltest es der holländischen Ma Arup-Garimo in einem Liebesbriefchen erklären, wenn es mir wieder 200 Rps. wert ist, von der Weikfield Computer Academy über das Internet E-Mail zu verschicken: |
"Liebe Arup!
Hiermit teste ich zum zweiten Mal das Internet. Diesmal setzte ich Dich als Empfänger ein. Meine anderen alten Bekannten von der Ranch wie Ma Anand Sheela oder Frau Dr. Puja sind ja nun leider derzeit verhindert, aber wir werden uns auch recht gut verstehen, oder?
An mir soll es jedenfalls nicht liegen, weshalb ich mich Dir hiermit zu erklären versuche. Es tut mir ja nun leid, dass ich gleich so herrisch laut in Deine liebevolle Sanftheit eingebrochen bin, doch was soll ich machen?
Ich bin nun mal deutsch, blond und Vaters Ergebnis kraftvoller Konditionierung, der immerhin beinah General im zweiten Weltkrieg geworden wäre.
Da änderst selbst Osho nichts dran, hätte er's denn versucht?
Wenn ich meiner lieben, armen Freundin Ma Anand Sheela oder Ma Dr. Puja nun nicht so gefallen habe, haben sie mich aber selbst mit ihrem
Rausschmiss von der Ranch am 23. Sept. '84 nicht bessern können. Dass ich dann etwa anderthalb Jahre als 'verstorbener Anand Sudesh' rumlief, hat ebenso wenig geholfen wie Swamis Ramateerthas zweite Plastikmala, mit der er mich dann Anfang '86 wieder schmückte und beglückte.
Mir ist es mittlerweile auch gleichgültig, liebe Arup, wenn die Leute mit mir Probleme bekommen. Es ist das Problem der Leute, nicht mehr meins.
Das Einzige, was ich erfahren habe, liebe Arup: ich bin wie ich bin, und bin glücklich damit. Wenn das nicht in Dein Bild des perfekten Sannyas-Egos passt, musst Du Dein Bild eben ändern.
Ansonsten müsstest Du mich, wie Deine Kollegin Anand Sheela, rausschmeißen lassen. Das wäre schade, weil das keine langfristige Lösung ist. Leute langfristig - wie zum Beispiel mit Gift - zu beseitigen, bringt einer Mysterienschule nur schlechte Presse.
Mit Deiner Erfahrung wirst Du weiser entscheiden können als unsere arme Ma Anand Sheela.
Doch nun zu meiner Frage:
'Sicherlich hast Du doch Sheelas Anschrift. Ich würde sie gerne einmal besuchen, um mit ihr über die alten Zeiten zu plaudern. Schreibe mir ihre Anschrift doch bitte einfach auf einen Zettel und gib sie mir. Du kannst sie auch an mein Schließfachschloß stecken: Kabir K4182, wenn es Dir zu anstrengend ist, mit mir zu reden.'
Dein lieber Swami
Anand Sudesh"
Aber wenn die Post im Internet nicht durch die Leitungen geht, brauche ich sie nicht zu schicken. Im Computer-Appartment in Omar Kayyan frage ich einen Swami Pramodh nach meiner E-Mail.
Die Computer-Freaks leiten E-Mails direkt an das Post-Office weiter, sehen also keine ankommenden Nachrichten. Wozu auch. Leider ist da wohl der Wurm drin.
Satsang, Bashos Pond, die Welt dreht sich weiter und weiter und bleibt so klein dabei. Schon mittags sehe ich es wieder:
"Bist Du nicht aus dem Ruhrgebiet?"
"Ja, habe ich auch mal gewohnt."
"Bist Du nicht der Ulrich oder sein Bruder?"
Das erstaunt
mich denn doch. Die Dame hat vor Jahren, eher Jahrzehnten, mal beim Bruder auf der 650er Yamaha gesessen. Sie haben den harten Trip nach Teheran auf einer Sitzbank geteilt. Schöne Grüße also von Ma Chaitanyo Panna, die damals noch Karin hieß. In Dortmund dürftet ihr Euch kaum mehr treffen, da sie nun in Australien wohnt.
Als lieber Swami habe ich Ma Arup-Garimo noch meine freundliche Aufwartung mit dem Bericht der "verlorenen" E-Mail gemacht. Ihr Grinsen bleibt gefährlich.
Na, hier stehen ja auch nicht nur Nettigkeiten. Selbst wenn jemand Ashram-Priester wäre, die Bhagwan-Religion nennt sie dann "Koordinatoren", "Center-Leiter" oder "Mitglieder des inneren Kreises". Meist noch in schwarzer Robe zeigen sie Dir, dass sie Dich gern, aber nicht billig, zu therapieren willig sind. Wer "Bhagwan-Religion" sagt, spuckt fundamentalistischen Sannyasins gleichsam ins Weih-Wasser Becken. Sektierer sind immer die Andern.
Wie die Zeit rennt. Zwei Tage kreuzten sich unsere Wege nicht mehr. Heut Abend, an dem Tyohar Zeit für WRB ließ, treffen wir uns in der Zahlschlange im roten Restaurant. Die kleine, unvergleich empfindsame Süße stößt zornig Luft aus ihrem Schmollmund, dass die schwarzen Pony-Haare fliegen.
Mir gefriert mein erwartungsvolles Lächeln so, dass ich mich schnell abwende. Ich verliere mein "Gesicht". Rücken an Rücken trennen sich unsere Wege in verschiedene Schlangen. Das Kapitel hat seinen Titel: Ma Fulwarei's Abschied.
Merkwürdig, wie ruhig und entspannt ich das Schlachtfeld verloren verlasse. Trost ist billig:
"Nothing fails
like success."