back 2 "enlightenment" (IV)

36. Triebe und Liebe

Dass Du Dich also so gänzlich glücklich und ungeteilt, Deinen Tier-Trieb-Freuden hinzugeben verstündest, lässt sich schwerlich behaupten.
Doch Du gibst, wie und wann Du eben kannst.
Du glaubst selber nicht, wie sehr Dich das Glück von Frauenarmen ändert. Du wartest geduldig auf Deine blonde Göttin, die sich Dir mit wenigen Liebesstunden vertraut macht wie keine Frau hier in Poona.
Du putzt den Raum ein letzter Mal vor der Abfahrt. Eine Wanze flieht. Dorothea wird dort klar Schff machen lassen.
Müde von Satsang, von Putzen, von Liebe, müde und erfüllt schleichst Du zu Tandoor10. In allen Schritten liegt schon die Endgültigkeit der baldigen Trennung, die Wehmut des Abschieds. 30 Rupees zahlt Du in Tandoor10 für ein schmackhaftes Reisgericht mit vier Metallschallen weiterer Zutaten.
Swami Shivaprasad rufe ich von der Straße hinzu, um prahlend mit Deiner neuen Freundin anzugeben.
"Willst Du nicht mitkommen und mir helfen? Sie kommt gleich."
"Du machst mich ganz verlegen, aber ich hab' das noch nie gemacht."
"Ich auch nicht. Aber zu zweit geht das vielleicht leichter."
Klar, dass ich allein auf sie warte. Wenn schon unmoralische Phantasien verlegen machen, wie dann erst die Wirklichkeit, die wir uns so qualvoll einschränken?
Als sie kommt, bist ich so gar nicht in meiner Energie. Als sie dazu noch zickig tut, fällt es mir noch schwerer. Irgendwann kommen wir dann doch in Schnaufschwung, als mich ihr Kommando wieder vollkommen rausbringt:
"Du solltest jetzt ein Kondom anziehen!"
"Natürlich",
weist Du mit Anflug von Entrüstung diese Selbstverständlichkeit zurück und machst es. Als sie dann noch ganz in Widder-Art Dich hetzt:
"damit das jetzt voran geht,"
da vergeht Dir die Lust komplett. Du kuschelt Dich in ihre rasierte Achselhöhle und genießt ihre Wärme, ihren Atmen, ihre Weiblichkeit. Du entspannst in diesem heimeligen Gefühl von Versorgt Sein, von Geborgenheit, von Liebe vor der Lust.

Du bildest Dir ein, dass sie Deine verwundete Kraft fühlt und bedauert. Jedenfalls legt sie in tiernaher Unterwürfigkeit Deine Hand auf ihren Hals, in dem Du viele Adern pulsieren und ihren Atmen strömen fühlst.
Das sind Deine Phantasien. Ihre Wirklichkeit heißt vielleicht ganz einfach Halsweh, wofür sie ein wenig wärmende Energie sucht.
Du denkst an das zärtliche Spiel einer Hündin, die sich auf den Rücken dreht, um ihren Hals offen für die Fangzähne darzubieten.
Das Gefühl ermutigt Dich. Und es hilft. Ihre Anziehungskraft wirkt wieder. Wieder verschmelzt ihr, fast sanft.

Ma Bali sieht, versteht und erregt.

Du darfst sogar Bilder von ihr machen. Du würdest sie gerne als Freundin zu mehr gemeinsamen Unternehmungen mit Dir nehmen, vom Bett ins Ashram-, ins Indienleben zu kommen. Aber Deine letzte WRB magst Du nicht mit MG-Road teilen, wo sie ihren nächsten Termin hat - nach Dir. Außerdem wollte Dorothea mit Dir in die WRB gehen.
Und genauso gern, wie Du Usha mit Shivaprasad geteilt hättest, hättest Du diese starke und diese zarte Blondine gemeinsam gern ins Blue Diamond, das beste Hotel am Platz eingeladen.
Jedenfalls passt sich Usha schnell den Erfordernissen Deiner Empfindsamkeit an. Wenn ihr ein wenig weiter spielen würdet, wäret ihr ein schönes Paar.
Der Trieb bei Vollmond schafft die erste Verbindung. Dein Herz schließt ihre Frauenkunst von alleine auf. Du hast an den Wundern ihrer Weiblichkeit teil. Ihr beide vervollkommnet Euch in den Erfordernissen des Seins. Viel viel zarter, sanfter, liebevoller empfindest Du die Welt.
Dorothea begleitet Dich wie verabredet in die WRB. Die Metallschleuse schlägt Alarm. Der wachhabende Inder weist Dich an:

"Nächstes Mal mußt Du Deine Tasche im Korb neben der Schleuse abgeben."
"Es ist ohnehin das letzte Mal",
entspannst Du Dich vor dem Abflug.
Dorotha. Deine Phantasien zu dieser Frau machen Dich zittern. Doch die letzte WRB bleibt selbst mir ihr an Deiner Seite, selbst nach der Liebe mit Usha eben nur ein Video.
Irgendwann wird Dir Deine starre Sitzhaltung unbequem. Da Platz vor Dir ist, legst Du Dich hin und schläfst sofort ein.
In Mariam erzählst Du Dorothea ein wenig von Deinem Sannyas-Bild. Vielem stimmt sie zu. Sie macht volles Gruppenprogramm. Sie braucht Kraft für ihren Job als Fernsehmoderatorin.
Wegen ihr gehst Du noch in die Sannyas-Celebration. Ma Garimo-Arup verteilt Halsbänder, Malas. Vier große Kerzen brennen wie in der katholischen Kirche.
"Fühlst Du was oder ist das Schau?"
"Es wäre zuviel von mir verlangt, hier etwas anderes zu fühlen als Dich."
Ein Gespräch bei Deinem ersten indischen Wein in der Meera-Bar beendet den Tag. Ein "exklusiver" Wein streicht Dir 90 Punkte vom Voucher. Du balzt wie ein brünstigen Pfau in einer Maienvollmondnacht:
"Wer nicht mit Dir ins Bett will, muss schwul sein."
"Du wirst lachen, da gibt's einen! Deswegen bin ich hier."
Leider will sie allein nach Hause, obwohl Du in aller Großzügigkeit ihr anbietest, Dein letztes deutschen Kondom London gefühlsecht mit ihr zu teilen. So sind sie eben, klagst Du still der Existenz Dein Herzeleid, bevor Du glücklich allein bist mit Dir.


"Du bist meine Frau."

Ma Veet Mimansa, "Erdferkel", daheim klagt am Telefon über die Kälte. Der Ofen brennt nicht gut. Triebe und Liebe sind bei ihr zu Hause wie nirgendwo sonst auf der Welt. Ich gestehe ihr ganz aufrichtig:

"Du bist meine Frau."

"Lieb' mich,"

stöhnt sie fast - wie bei den beiden Gesprächen zuvor.


Morgen, nach der letzten Nacht im geldschneiderischen Appartment Mit Olympus, nach zwei Nächten Fahrt und Flug könnt ihr wieder Eure Spiele machen: Erdferkel und Walroß.

 

37. Ma Bali im Abschiedskreis