Vatertag: Jeder fühlt sich irgendwie verletzt, wo immer er
ist, was immer er tut: Trunkene Teufel am Tamagotchi-Tag! Irgendeine unerklärliche Energie drängt mich auf die Straße, Deutschland in einer weiteren großen Reise von München, nahe den Alpen, bis Hannover, nahe der Nordsee, zu durchqueren. Der solide Diesel-Motor-Klang des schnellen, roten Volkswagen beruhigt meine Nerven in dem gut geheizten, gemütlichen Auto. Die dunkle Stimme von Leonard Cohen mit seiner neuen CD ''Dear Heather'' bezaubert mich aus dem Sound System mit seinen verschiedenen Lautsprechern. Reifen und Fahrtwind pfeifen bei hoher Geschwindigkeit. Der Auto-Computer zählt ganz genau diese Daten zusammen: - München - Dortmund, - 609 Kilometers, - vier Stunden, 55 Minuten, - Durchschnittsgeschwindigkeit: 124 km/h, - Durchschnitssverbrauch: 7,8 l/100 km Die Pupillen saugen sich am grauen Asphaltband fest. Ein Auge beobachtet hinter mir die Straße im Spiegel, das andere Auge fixiert eine unsichtbare Linie vor mir und alle anderen Autos, die rechts neben mir liegen bleiben. |
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Wenige Meilen abseits der Szene ändert sich sofort die Situation. Vögel
und Schmetterling tanzen und jubilieren im Sonnenschein. Das ruhige
Brummen eines mächtigen Diesel Motors schiebt ein schwer beladenes Schiff
über den Main. Selten fahren einmal Autos langsam vorüber. Mein kleines
Klapprad nehme ich aus dem Kofferraum und fahre flußabwärts am Main, um
die nächste kleine Stadt zu besuchen: Homburg. Dort kannst Du auf dem
Schloßberg stehen, von wo aus Du den Main und den schillernden Maien-Tag
in der grün blühenden Welt bewundern kannst..
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Der nächste Halt ist mein Ziel für die Nacht, die Industriestadt Dortmund.
Mein Bruder, ein Held der Arbeit, unterrichtet Kinder schon länger als 20
Jahre. Er lebt so glücklich mit der selben Frau mehr als 20 Jahre, so
glücklich mit zwei heranwachsenden Knaben, die so glücklich Arbeit
suchen. Mein Bruder zeigt stolz seinen Garten mit den wachsenden Bäumen.
Die Bäumchen hat er teuer bezahlt, doch sie wachsen und mehren ihren Wert
jedes Jahr.
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Mein Bruder ist so glücklich auf seinem
Segelboot, sein Wochenendhaus in sommerlichen, freien Tagen. Mein
Bruder sorgt sich rührend um meine 84 Jahre alte Mutter, die auch in Dortmund
lebt. Und er sorgt sich für die Autos seiner Familie, das Haus, die
Motorräder, seine Hobies wie Fotografie und seine Reggae Music Band und
1000 andere Dinge. Mein Bruder ist ein anerkannter Meister jener hervorragender Konversation, welche niemals irgendwelche Streiterei über die Wirklichkeit austrägt, dafür nur die netten Vorstellungen über sich und andere teilt, wie man sich eben sehen und fühlen will. Meine üblen Provokationen nennen diese Art von Vorstellung: ''Schleimlecker-Bande im Paradies''. In ''Schleimlecker-Paradies'' schmeicheln sich freundliche Leute unentweg damit, was man gerne annimmt und auch erwartet. In dieser Freundlichkeit berühren die lieben Leute niemals ein Thema, das Streit hervorrufen könnte. Ähnlich ist mein Bruder fähig, schweigend meinen bösesten Provokationen und miesesten Urteile schweigend zu ertragen, aber tief im Innern denkt er natürlich genau etwas anderes. |
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Wegen meiner Behandlung in a psychiatrischen Klinik vor 35
Jahren lächeln die so genannten ''Normalen Menschen'' ein wenig verstört
über meine launischen Reden und flüstern mit ihrem lieblichsten
Stimmlein, dass bald ein neuer Klinikaufenthalt das Beste für meinen
gestörten Verstand wäre. Das Beste für diese Lieben Leut'chen ist meist
das Schlimmste für andere. |
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Mein Bruder Ulrich kann natürlich auch nicht aufhören zu
arbeiten, weil er damit Geld verlieren würde. Geld ist das Wichtigste, um
den vornehmen Lebenstil unser Edlen Familie aufrecht zu halten. Selbst wenn die Ärzte ihm den halben Magen rausoperieren würden, würde sich mein geliebter Bruder immer als schlauester und wichtigster Schmied seines Glück's vorkommen.. Unser ältestes Halbbruder - neben dem, der sich im zarten Alter von 23 Jahren selbst entleibt hat - hat in einer Operation ein Stück seines Darms eingebüßt, den ein bösartiges Krebsgeschwür zerschrinnte. Doch selbst diese zufällige Krankheit war noch von großem Vorteil für seine Frühverrentung. Weil er nun nämlich als 80 Prozent schwerbehindert anerkannt ist, kann er sich ein paar Jahre früherer Muße erfreuen, ohne Geld eingebüßt zu haben. Das ist es, was als äußerst wichtig in unserer Familientradition gilt. Mit dieser wertvollen Tradition hat mein alter Vater viel Geld bis zu seinem Tod angespart. So hat mein altes Mütterlein immer noch mehr Geld als genug, um sich Ihrer alten Tage in einem kleinem Hotel auf dem Lande zu erfreuen, wenige Schritte von einem Salzwasser-Warmschwimmbad. Dort übt sie täglich und sorgt sich um ihre Gesundheit in der wohlig temperierten warmen Sole, eine Spezialität von Bad Laer. |
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Im Innern unseres Herzens nagt tiefes Mißtrauen, dass
unsere familiäre Millionärstradition sich auf ehrliche Arbeit gründet.
Dies Mißtrauen vergiftet alle Angelegenheiten mit allen - selbst zu
meinem eigenen Bruderherz! Mein Bruder z. B. misstraut zutiefst den
Bankangestellten, die Mutter's Geld verwalten. Diese Leute könnten das
Geld meiner alten Mutter stehlen, und mein Mißtrauen sorgt sich, dass
mein armer Bruder Geld für sich selbst von ihr stehlen könnte, um seiner
hungernden Familie zu helfen. Denn lebt er nicht ständig unter seinem
vorgespielten Glück in der verzweifelten Angst, dass er sein Gut und
seine Gesundheit in einer Magenoperation verlieren könnte? Diese meine mißtrauischen Zweifel versucht mein Bruder mit Selbstpreisungen zu zerstreuen wie diese: ''Ich habe ein großes und großzügiges Herz!" Ich vermute, er glaubt sich selbst am meisten. In dieser freundlichen Art versichert er mich: ''Nach meiner aufrichtigen Hilfe unserer alten Mutter in ihren Bankangelegenheiten, kannst Du sie ja in ihr Ferienhotel fahren. Ich brauche sowieso Ruhe auf meiner Segelyacht.'' Diese Worte beglücken mich, dass ich endlich meine alte Mutter wieder einmal treffen kann. Daher reinige ich mein Auto, um mein Mütterlein in gepflegter Atmosphäre kutschieren zu dürfen. Aber nach einer Stunde ruft mich mein liebes Brüderlein an und teilt mir kurz mit: ''Ich fahre Mutter selbst in ihr Feriendomizil. Wirst Du bitte auf mich warten? Ich bin in etwa drei Stunden wieder zurück.'' Nun fühle ich mich vollkommen verstört in meinen zerstörten Erwartungen, bekomme die Rase-Wut und verlasse meines Bruder's Haus in meiner übelsten Laune seit langem. |
Eine Stunde Weg von Dortmund liegt die wundrschöne
Universitäts- und Bischoffstadt Münster, wo unsere Familie von 1954 bis
1960 gelebt hat. |
Wir sind glücklich, dass wir uns wieder einmal treffen
können, und beginnen unserer Frühstück mit rotem Wein. Mein liebes
Brüderlein ruft wiederum an, um sich unserem Treffen anzuschließen. Er berichtet, dass unsere Mutter Geld genug in ihrem Bankfach hat. Auch Goldstücke liegen dort unter Verschluß. Meine Mutter bittet den Angestellten, ihr doch das Geld in ihrer Handtasche einzupacken. Doch mein Brüderlein überzeugt meine alte Mutter, dass 10 Prozent Ihres Geldes mehr als genug sind, um ihre nächsten Urlaubsmonate zu überstehen. Sie hört auf ihn und folgt seinem Rat. Zurück zu meinem Freund Harald. Harald hat etwa seit 30 Jahren in keiner Firma mehr gearbeitet. Er schreibt Lieder, gibt private Piano- und Gesangsstunden, versenkt sich in Hunderte Bücher. Glücklich trinkt er täglich mehrere Flaschen Wein oder Bier, und kultiviert langjährige, weibliche Bekanntschaften. Harald lebt ganz kommod von Staatsknete, oder hart gesagt: Harald lebt von unseren Steuergeldern, welche die hart arbeitende Bevölkerung abdrücken muss. Harald ist immer sehr stolz darauf, dass er seine Zeit und Energie für sich selbst nutzen kann, um seine kleinen ausgefeilten Fähigkeiten zu entwickeln. So gibt er sich als ehrsame, weise Autorität für seine Freunde, die jungen Leute und alle, die seinen Auftritt akzeptieren. Seit etwa drei Jahren lebt er mit seiner netten Nichte, der Tochter seiner Schwester, einer 20 Jahre jüngeren Dame mit zwei Kindern. Ihr Glück ist etwas getrübt, weil die kleine Schwester sich mit AIDS mit gerade einmal 15 Jahren von einer Heroinspritze angesteckt hat. Doch mittlerweile als junge Mutter im blühenden Alter von 22 Jahren, balancieren wohl Mutter und Kind ihr Leben mit den nötigen Drogen wie Bier, Wein, Nikotin mit oder ohne Marihuana und anderen delikaten Bereicherungen aus, um die täglichen Mühen des Alltags zu vergessen. Harald hat selbst drei oder vier Kinder. Sein ältestes Sohn, 30 Jahre alt, kann nicht mehr arbeiten. So lebt der junge Mann früh verrentet hoffentlich auch froh und glücklich von Staatsknete. Harald hat nicht mehr viel mit dem jungen Mann in den letzten Jahren zu tun gehabt. |
Nur die jüngste Tochter seiner Freundin und Nichte ist
weder willens noch fähig in ihrem zarten Alter von 14 Jahren, täglichen
Schulunterricht zu ertragen. Oder das Kind kann der elterlichen Disziplin
nicht folgen, nachts heim zu kommen. |
Meine alte Tante: 82 Jahre Meine alte Tante, die
jüngere Schwester meiner Mutter, lebt nicht weit von Harald nahe beim
Hotel meiner Mutter. Ich besuche die alte Dame, die eine kurze Geschichte
über ihre Zeit als Flüchtling geschreiben hat. Sie musste Marienwerder, östlich
von Danzig, im Januar 1945 verlassen, als die russischen
Bombenexplosionen näher rückten. |
Mein Mutter: 84 Jahre
So kümmern sich die beiden alten Schwestern um ihre Gesundheit im
Salzwasser des kleinen Städtchens Bad Laer. |
Wir teilen uns eine Flasche Rotwein in der der Nacht. Ich
unterhalte uns mit meinen trunkenen Fantasien, die ich ''Delirien
Gespräche'. nennen könnte. Am Morgen schreibe ich diesen kleinen
Reisebericht bis 8.00 Uhr, und lasse Laleela und ihren Tamagotchi Buben.
Beide schlafen noch in tiefer Stille. Als ich mit meinem Gepäck zurück
zum Auto marschiere, rufe ich meine Mimamai an und erzähle ihr
lachend: "Mima, Ich bin gerade den Klauen der Spinnenfrau entwischt.'' Wir lachen beide. Wieder auf der Straße bewegt mich schnell das rote Auto. Ich bin glücklich. Dieser Tamagotchi-Tag entspannt mich mit gutem Essen und vielen Stunden im Saunabad Bad Brückenau. Dort stehen vier Badewannen unter freiem Himmel, gefüllt mit gesundem, warmen Mineralwasser. Nach sieben Stunden gehe ich wieder entspannt auf die Straße und stürze mich in die abendlichen Staus. Nach einer kurzen Teepause in Nürnberg mit meiner Tochter und ihrem Freund komme ich endlich glücklich noch vor Mitternacht heim. |
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