Durch Transilvanien bis Sibiu

München bis zur Ukrainischen Grenze

Von Sibiu ins Donau-Delta und weiter

 

Querstreifen auf der Fahrbahn schütteln selbst schläfrige Chauffeure wach. Danach überfährt man einen auf den Asphalt angebrachten Hinweis über die ganze Fahrbahnbreite mit der Forderung nach Tempo "50". Ein "Ortschild", eine "ununterbrochne Linie" vor einer Kurve sowie das Straßenschild "Überholverbot" sollten reichen, um verantwortungsvolle Fahrer zu zügeln. Zudem nutzen in den Straßendörfer Kinder, Alte, Mütter, Tiere sowie Pferdefuhrwerke den engen Randstreifen. Doch was passiert?

 

von Erhard Thomas oder n0by mit Null

Dass die Fahrer schwerer, neuer und etwa 100.000 Euro teurer Allradfahrzeuge zu Geschäftstermin rasen, lässt sich ja noch verstehen. Also brausen Edelkarossen wie Porsche Cayenne, VW Touareg oder Tiguan, Nissan sowie BMW X3 an mir vorbei. Mehr wundert es mich, wenn klapprige zehn- bis fünfzehnjährige Dacia, mühsam auf 70 Km/h beschleunigt, überholen. Als aber vor einer ansteigenden Kurve, vollkommen unübersichtlich, ein mit Gasflaschen beladener etwa 20 Meter langer und 25 Tonnen schwerer Kamikaze-Pilot wie besoffen an mir vorbeidonnert, retten mich meine Instinkte  mit Abbremsen und Ausweichen auf die Standspur. Mehr scheinen nach der Fernlaster-Devise von Klaus zu verfahren: "Lieber sterben, als Schwung verlieren."



Dusche Camping Faget bei Klausenburg

 

Meine siebte Nacht in Beclean war so erholsam auch wieder nicht. Zwar war der Straßenlärm vergleichsweise geringer. Dafür donnerten in kaum Hundert Meter Entfernung schwere Züge, die mich aus meiner Nachtruhe reißen. Aber meine medinaive Versenkung in die Wonnen einer stabilen, schnellen  W-Lan-Verbindung helfen mir mal wieder durch die Nacht.

 



Zugverkehr hinter meiner Standplatz in Beclean

 

Doch endlich meint es das Leben mal gut mit mir: Nach nur wenigen Stunden Fahrt steht mein schützenden Schatzkästchen sicher im schattigen Schutz auf dem Campingplatz Faget. Der liegt elf Kilometer südlich von Klausenburg. Lauschig rinnt ein Bächlein hinter den Rädern. Pünktlich um 14.00 Uhr fährt mich der Stadtbus in die nahe City. Ebenso bringt mich der Bus um 19.30 nach ausgiebiger Stadtbesichtung wieder in mein lauschiges Heim zurück  Zu meiner großen Freude haben Gisi und Klaus ihre stolze Blechburg gerade in nächster Nachbarschaft aufgebaut.



Endlich kommt Sonne!
Gisi hat gerade die morgentliche Dusche am Camping Platz Faget genossen.

 

Wie zumeist in großen Städten so sind auch in Klausenburg die besten Plätze mit Standbildern von martialischen Helden hoch zu Roß bepflastert.

 



Kirchenfenster in Klausenburg


Friedhof in Klausenburg

Als rastlos reisender Rentner lässt sich trefflich in Kirchen und Kneipen ruhen. Doch auch Friedhöfe bilden zum lärmenden Leben und Streben eine beruhigende Balance. Die Straße erinnert wie mein Berufsleben an den Kampf vorwärts. Doch  die Reise von Klausenburg nach Alba Julia sollte mit 70 Kilometern auf guter Straße schnell zu schaffen sein. Von den beiden Zeltplätzen auf der Karte ist einer nicht zu finden, der andere nur von PKWs zu erreichen, die an der Brücke unter der dicken Rohrleitung hindurch fahren können. Höchst unwillig stehen mir also bis Sibiu nochmals 70 Kilometer von Alba Julia aus bevor.

 

Transilvanien - bei Alba Julia

Wie so oft auf Reisen hilft der Zufall weiter: 40 Kilometer vor Sibiu wirbt ein Platz fünf Kilometer abseits der Hauptstraße mit Schwimmbad und mehr Komfort. Ein deutsches Straßendorf erwartet mich. Auf der Dorfstraße sind mehr Pferdefuhrwerke als Autos zu hören. Die Tafel an der Kirche weist auf die deutsche Besiedlung schon ab 1280 hin. Die Siedler sollten in ihren christlichen Trutzburgen gegen türkische Invasoren kämpfen. Ein alter Mann aus München macht Ferien in seiner alten Heimat, wo er sich seinen Besitz geschaffen hatte.1989 mit der Ermordung von Ceausescau verließ er seine Heimat, um in München neu anzufangen. Jetzt kommen viele Alte auf Urlaub zurück.



W-Lan, Strom, Bad und Kinderlärm eines Ferienlagers lassen auf eine ruhige Nacht hoffen.

 



Garbova - ein heute noch recht deutsches Dorf, 44 Kilometer vor Sibiu

 

 

Hausschmuck in Garbova, deutsch Urwegen


Am Weinhaus

 



Weinhaus in Garbova


Kirchenburg in Garbova


Laden in Garbova

 



Die Schilder "Strand" in Garbova führen zu einem gepflegten Bad

Nach dem Ersten Weltkrieg erfüllten die Siegermächte nahezu alle Gebietsansprüche Rumäniens. Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs haben die Menschen in Siebenbürgen schon viel Halt in ihrer Heimat verloren. Der Eintritt Rumänien 1941 auf Seiten der Deutschen in den Zweiten Weltkrieg hat deren Lage weiter verschlechtert. Als nach Kriegsende kommunistische Kollektivierung Besitz vielfach in deutscher Hand verstaatlichte, ging es weiter bergab. Vollends desolat wurde für viele die Lage nach dem Sturz des Diktators Ceaucescau 1989. Doch das Land ist und bleibt wunderschön. Am  "Strand", wie die Bewohner in Garbova-Urwegen ihr Bad ausschildern, erholen sie sich bis heute. Freibäder in diesem Stil waren auch in meiner Jugend vor 50 Jahren nicht anders in Deutschland



Erinnerungen an die Toten des  Ersten Weltkriegs in der Kirche Michelsberg

 



Pferdekarren in Garbova

Technologische Generationen liegen zwischen diesen beiden Fahrzeugen. Das Meinige steht nun 11 Kilometer entfernt von Sibiu-Hermannstadt auf dem Campingplatz Ananas in Michelsberg-Cisnadioara. Holländer haben in Garbova-Urwegen einen luxuriösen Platz geschaffen, um auch verwaiste Jugendlichen aus Rumänien in Ferienlagern zu missionieren. Den Campingplatz in Michelsberg haben Deutsche aufgebaut. Bei den niedrigen Arbeitslöhnen im Lande schaffen die Devisen schnell einen ansehnlichen Besitz.



VW-Crafter-LKW - neue Generation

 



Blick über Michelsberg

Überall treffen wir Deutsche, die uns bereitwillig und freundlich ihre Lebensgeschichte berichten. Farblos dagegen wirken Fakten wie aus dem Reiseführer, dass ein ungarischer König ab 1143 die deutschen Siedler als Grenzschützer nach Transilvanien holte, 300 Jahre die Menschen den Türken Tribut zollten, mit Ende des Ersten Weltkriegs das Land Rumänien zufiel. Danach und mit der kommunistischen Herrschaft nach dem Zweiten Weltkrieg zerfiel das Land. So berichten wehmütig die, welche ihre ehemalige Heimat jetzt besuchen genau wie die, welche im Land geblieben sind.



Wehrkirche in Michelsberg von 1240

 



Romanische Wehrkirche Michelsberg

Mein Camping-Nachbar zeigt seinen beiden Töchter seine alte Heimat. Seine Schilderungen, die bei seinen Großeltern beginnen, lassen Geschichte aufleben. 1982 haben seine Eltern mit ihm das Land verlassen. Mittlerweile feiert er bei Porsche sein 25jähriges Dienstjubiläum. Der Rentner im bunten Wohnwagen hingegen ist auch in den Wirren 1989 im Land geblieben. Jetzt klagt er, dass die Geldentwertung seinen Lebensabend bitter ausklingen lässt. Viel vom Reichtum, wie renovierte Häuser und gute Autos, schafft die leistungsfähige Jugend durch Arbeit in Deutschland, Italien, Frankreich oder in England. Die Männer fahren dann zwei, drei Mal im Jahr heim zur Familie. Mima kam heute mit dem Bus an, der von München bis Sibiu 22 Stunden brauchte.



Rentner-Romantik in Michelsberg

 



Herrmannstadt - Sibiu zeigt sich neu renoviert an diesem zentralen Platz


Gisi, Klaus und Mima - nach 22 Stunden Busfahrt

Fortsetzung folgt